Ministerium droht mit Konsequenzen: Lehrer zeigen sich empört

veröffentlicht am 8. Oktober 2020

Bielefeld. Das NRW-Schulministerium befürchtet, dass Lehrer nach dem Ende der Herbstferien nicht zum Unterricht erscheinen könnten – weil sie nach ihrem Urlaub noch in Quarantäne sind. Für solche Fälle werden harte Konsequenzen angedroht. Lehrerverbände halten solche Maßnahmen für übertrieben.

Das Ministerium hat ein entsprechendes Schreiben an die Bezirksregierungen geschickt – die wiederum die Schulen darüber informieren sollen. Konkret heißt es darin: „Private Reisen können zwar (…) nicht untersagt werden, allerdings können bei der Rückkehr aus einem Risikogebiet dienst- oder arbeitsrechtliche Konsequenzen (…) in Betracht kommen.“ Bei unentschuldigtem Fernbleiben vom Dienst könnten auch Bezüge gestrichen werden, mahnt das Ministerium.

Verband: „Drohpotenzial“ gegen Lehrer falsch

Andreas Bartsch, Präsident des Nordrhein-Westfälischen Lehrerverbands (NRWL), nennt diese „Androhung“ im Gespräch mit nw.de „überzogen“, der Ton sei zudem nicht angemessen. „Eine Aufforderung, zu Hause zu bleiben, hätte gereicht“, sagt er. Dass man Schülern und Eltern mit Blick auf Reisen in den Herbstferien sensibilisieren möchte, sei richtig – ein solches „Drohpotenzial“ gegenüber Lehrern aufzubauen, sei jedoch falsch.

Kann das Lehrpersonal in NRW einen Urlaub nun vollkommen streichen? „Ich gehe fest davon aus, dass Lehrerinnen und Lehrer so vernünftig sind, nicht in Hotspots oder Risikogebiete zu reisen“, betont Bartsch. Und dennoch zeigt er sich auch besorgt: „Was, wenn das Urlaubsziels während des Aufenthaltes plötzlich zum Risikogebiet erklärt wird?“

„Misstrauen und Generalverdacht“

Auch Maike Finnern, NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), findet deutliche Worte für das Schreiben des Ministeriums: „Das Schreiben war in dieser Form nicht nötig! Es schürt gegenüber Lehrern Misstrauen und einen Generalverdacht.“ Ihre Kollegen seien sich ihrer Pflicht bewusst – sowohl durch verantwortungsvolles Handeln während des Unterrichts, als auch bei möglichen Urlaubsreisen. Finnern merkt zudem an: „Vor den Herbstferien werden in der Regel viele Klausuren geschrieben.“ Es sei nicht zwangsläufig so, dass die zwei Wochen Ferien für Lehrer auch Urlaub bedeuteten – immerhin habe man mit der Korrektur genug zu tun.

Stephan Osterhage-Klingler von der Lehrergewerkschaft GEW in OWL merkt an: „Es gibt noch genug Möglichkeiten zu reisen“ – auch, obwohl viele Länder und Regionen zum Risikogebiet erklärt wurden. „Von einem Regelbetrieb in der Schule kann nicht die Rede sein“, meint er. Seine Kollegen arbeiten an der Belastungsgrenze. „Gerade daher ist es auch wichtig, sich von all dem zu erholen.“ Allerdings mit dem nötigen Pflichtbewusstsein. Die Vorgehensweise des Schulministeriums nennt auch er „übertrieben“.

(Veröffentlichung des Beitrags auf der Seite des NRWL mit freundlicher Genehmigung der Neue Westfälische.)

Erschienen in der Neue Westfälische am 07. Oktober 2020 unter dem Link: https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/22875197_Ministerium-droht-mit-Konsequenzen-Lehrer-zeigen-sich-empoert.html

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